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Rastlos auf der Suche

Immer weiter, immer mehr und immer besser. Meine Generation verläuft sich in einem Kampf des Vergleichs. Wer sieht mehr von der Welt, wer hat den besser bezahlten Job, wer hat den trainiertesten Po und wer ist ausgeglichener dank dem morgendlichen Sonnengruß.

Ja unsere Großmütter haben recht, wenn sie sagen, dass wir keine Ahnung haben wie es ist im Krieg aufzuwachsen. Und es stimmt auch, dass wir viel mehr Möglichkeiten haben, als unsere Eltern damals. Es mag auch sein, dass wir den Job viel öfter hinschmeißen, als es früher üblich war. Tja, das ist sie die Generation Y. Hält nichts aus, ist verwöhnt und sucht in allem was sie tut den gottverdammten Sinn.

Hier einer von vielen Erklärungsansätzen warum das so sein könnte:

Zwar sind wir nicht im Krieg aufgewachsen und mussten uns in dunklen Bunkern verstecken und dennoch schießen wir aufeinander. Opfer gibt es auch, doch sie verstecken sich hinter Bildschirmen und Smartphones. Unsere Munition sind Worte, Bilder und Videos, die sich wie ein Lauffeuer im Netz verbreiten und überall zugänglich sind. Wo es früher Grenzen gab, lautet das Stichwort heute: Globalisierung. Und mit ihr freut sich das World Wide Web über uneingeschränkte Möglichkeiten. Anerkennung verdienen wir uns nicht mehr innerhalb der Familie sondern durch Fremde, denen unser Post gefällt. Ein Herz auf Instagram zählt mehr als der gut gemeinte Rat der besten Freundin und viele Views lassen unsere Herzen höher schlagen.

Wir vertrauen Personen, die wir nicht kennen, definieren uns über die Anzahl von Likes und legen über jedes Selfie einen Filter. Die Lippen etwas dicker, die Taille etwas schmaler und die Augen etwas größer – das kann sogar die Light Version jeder neuen Bildbearbeitungs-App. Da ertönen Mamas Worte in meinen Ohren: „Wohin soll denn das bitteschön noch führen?“

Kaum noch jemand beschäftigt sich mit den eigenen Wünschen, Träumen und Vorstellungen vom Leben. Lieber zerbrechen wir uns den Kopf über all die anderen, deren Leben perfekt scheinen, sofern man sich auf Instagram verlässt. Warum hinter die eigene Fassade blicken, wenn es auf dem Bildschirm gerade erst spannend wird. Kann man sich ja nicht entgehen lassen die Flitterwochen der Lieblingsbloggerin, die gerade noch im Prinzessinnenkleid ihr Ja Wort gegeben hat und jetzt auf den Seychellen mit Meeresschildkröten um die Wette schwimmt.

Wir laufen immer schneller, versuchen immer mehr in einem Tag unterzubringen und können kaum noch ruhig atmen. Pausen werden überbewertet und der Druck steigt. Ich als Frau bräuchte eigentlich sieben Leben, um den Anforderungen von heute gerecht zu werden. Mit der Karriere soll es steil hinauf gehen, am Herd sollen wahre Wunder gezaubert werden und an den Beinen darf kein Stoppel wachsen. Bedeutet denn Emanzipation, dass man keinen Mann mehr um Hilfe fragen darf? Ist man als Frau jetzt schwach, wenn man sich die Einkaufstaschen abnehmen lässt? Okay dann gebe ich mich geschlagen.

Wir sollten langsam damit beginnen die Erfüllung in uns zu suchen anstatt uns ständig selbst überholen zu wollen.

Keine Instagram-Story liefert uns die Antwort auf unsere Fragen.

Wer nicht mehr rastlos auf der Suche sein möchte, sollte Innehalten und den Fokus auf sich richten. Wer müde von dem Gefühl ist ständig etwas beweisen zu müssen, soll Halt machen und ab jetzt nur mehr sich selbst gerecht werden. Das hat nichts mit Egoismus zu tun sondern lediglich damit, wie viel man sich selbst wert ist. Hören wir auf Vergleiche zu ziehen und fangen wir an zu sein, wer wir sind. Ohne Filter ohne Bestätigung und vor allem ohne Anstrengung.

(c) Anja Grundner